Vierter Rundbrief „Erdbeben in Nepal“
4. Mai 2015 – Vierter Rundbrief „Erdbeben in Nepal“
OM MANI PADME HUM
(Mantra – im tibetischen Buddhismus Ausdruck der grundlegenden Haltung des Mitgefühls)
Heute ist der 9. Tag nach dem Beben. Heute ist der erste Vollmondtag im Mai und Buddha Jayanti – Buddhas Geburtstag. Mögen all die Butterlampen (Lichtopfer – bei dem kleine oder große Gefäße mit geklärter Butter angezündet werden) für die vielen Menschen, die durch das Erdbeben ihr Leben lassen mussten, brennen. Mögen sie in Frieden ruhen. Mögen all die Butterlampen als Hoffnungsschimmer für die Angehörigen der vielen Vermissten leuchten.
Wie ein Wunder werden in den Trümmern immer wieder vereinzelt Überlebende gefunden. Viele Menschen, die in den abgelegenen und betroffenen Gebieten unterwegs waren, konnten evakuiert werden. Was die Menschen vor Ort nicht zur Ruhe kommen lässt, sind die vielen Nachbeben. Es wird von 121 Nachbeben mit einer Stärke über 4 Magnitude gesprochen.
Das israelische Militär, flankiert von der nepalesischen Armee und Spürhunden, hatte am vergangenen Freitag im Langtang Gebiet eine große Such- und Rettungsaktion mit Hubschraubern durchgeführt. Es wird von 170 Einheimischen und 150 ausländischen Touristen gesprochen, die in dieser Region noch als vermisst gemeldet sind.
Wie in allen anderen Gebieten werden auch in der Langtang Region, die ca. 140 km nördlich von Kathmandu liegt, dringend Zelte gebraucht. Der Vormonsun hat bereits eingesetzt. Wasserdichte Planen oder richtige Zelte sind überlebensnotwendig. Die Nahrung wird knapp. Wir überlegen, wie wir diese Güter trotz versperrter Wege transportieren können.
Gute Nachrichten können wir von unseren Gruppen vermelden. Unsere kleine Manaslu Gruppe wurde am Samstag evakuiert und nach Kathmandu ausgeflogen. Ein kleiner Artikel mit Foto erschien sogar in Spiegel online.
http://www.spiegel.de/…/erdbeben-in-nepal-viele-auslaender-…
Während der letzten Woche standen wir immer im engen Kontakt mit den Angehörigen und der Deutschen Botschaft. Wir freuen uns, dass unser Gast seinen Rückflug heute planmäßig antreten konnte.
Auch unsere Everest Gruppe konnte heute Morgen von Lukla nach Kathmandu fliegen. Der Heimflug konnte bereits vorverlegt werden.
Unsere Upper Mustang Gruppe ist heute in Jomsom angekommen und wird, sofern das Wetter mitspielt, morgen nach Pokhara fliegen und von dort zurück nach Kathmandu fahren. Von dem Erdbeben selbst hat die Gruppe nicht viel mitbekommen. In Jomsom sind einige Lehmhäuser zusammengefallen. Aber in Lo Manthang und den anderen Dörfern im Upper Mustang Gebiet sind die Häuser nicht beschädigt.
Am Samstag fand in Köln der „Nepal-Tag 2015“, organisiert von der DNG (Deutsch-Nepalische Gesellschaft Köln), statt. Aufgrund der aktuellen Gegebenheiten wurde das Programm umgestellt. Neben dem Vorsitzenden der DNG und Honorarkonsul Ram Pratap Thapa waren der Bürgermeister der Stadt Köln Andreas Wolter und der Kanzler und stellvertretende Botschafter Nepals in Berlin Prakash Mani Paudel als Ehrengäste anwesend.
Interessant war der Vortrag „Erdbeben in Nepal – nach dem Beben ist vor dem Beben“ von Prof. Dr. Birger Lühr, Geophysiker. Er führte aus, dass es seit dem Jahr 1255 Erdbeben-Aufzeichnungen in Nepal gibt. Im 19. Jhdt. waren die stärksten in 1810, 1830 und 1866 zu verzeichnen. Es kann insoweit von einem Zeitintervall von ca. 75 Jahren gesprochen werden. Der Zeitintervall seit dem letzten schweren Beben am 15.01.1934 mit 8,4 Magnitude wurde mit dem aktuellen Beben am 25.4.2015 etwas überschritten. Prof. Dr. Lühr wies darauf hin, dass nach dem Beben der Spannungsaufbau erneut beginnt und die Bevölkerung sich bereits auf das nächste Erdbeben vorbereiten muss. Die Ziegelbauweise der Häuser ist zu verändern. Häuser mit vielen Stockwerken sind ungünstig. Jetzt muss über Generationen in die richtige Richtung gearbeitet werden.
Über die Schwerpunkte der aktuellen Zusammenarbeit berichtete Wolfgang Hruschka, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bonn. Er teilte mit, dass die vom Auswärtigen Amt bereits zugesagten Gelder für Gesundheit, Energie und wirtschaftliche Entwicklung zunächst für den Wiederaufbau verwendbar sind und diese noch aufgestockt würden. Herr Hruschka lobte die gute Arbeit der nepalesischen Armee, die ein Operationszentrum eingerichtet hat. Die Zusammenarbeit der drei Ministerien (Auswärtiges Amt, Finanzministerium und Innenministerium), die die Koordination der ganzen Katastrophenhilfe übernommen habe, klappte dahingehend noch nicht ganz reibungslos. Eine erfreuliche Nachricht ist, dass das THW bereits eine Wasseraufbereitungsanlage in Kathmandu aufgebaut hat und damit 15.000 Menschen pro Tag versorgt werden können. Eine weitere Anlage soll an einem anderen Standort aufgebaut werden.
Unter anderem wurde in weiteren Vorträgen angesprochen, dass eine Veränderung der korrupten und machtgierigen Regierung durch die Jugend herbeigeführt werden könnte. Schwierig sei dabei der Aspekt, dass Jugendliche nicht zur politischen Aktivität erzogen und ermutigt werden. Es gibt wenige bis keine Nachwuchsorganisationen und Jungpolitiker. Historisch und kulturell bedingt werden in Nepal die Menschen erst im Alter politisch aktiv.
Der Südasien-Experte Jorge Scholz begann seine Präsentation mit den Worten: „Das Erdbeben verändert nicht. Es ist lediglich ein Katalysator und deckt Schwächen und Stärken auf. Eine gute Koordination ist unerlässlich.“
Die schlechte bis fehlende Koordination der Regierung ist eine Sache. Die andere ist die Aktion des großen Bruders Indien, Hilfe und Unterstützung der Chinesen zu vereiteln und die Katastrophe politisch zu nutzen. Herr Scholz erklärte, dass es dabei nicht um Rohstoffe gehe, sondern um Handelswege. Handelswege, die China bereits völlig legal in drei Korridoren schafft und die Verbindung zwischen China, Asien, Afrika und Europa herstellt.
Nepal hatte schon immer die Pufferzone zwischen Indien – Pakistan – China eingenommen. Hoffen wir, dass die Sandwich-Position dem Land nicht noch zusätzlich weltpolitisch zum Verhängnis wird.
Namaste
Temba & Sabine
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