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Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 17

31. Mai 2016 at 23:16

31. Mai 2016 – Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 17

Fortschritte sind ersichtlich!

Der Fortschritt ist wie ein Strom, der sich auf seine eigene Weise den Weg bahnt.
– Leopold von Ranke, Berliner Historiker –

 

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Wenn Nepal in den europäischen Medien erwähnt wird, dann meistens nur noch am Rande und im negativen Sinne über die Verzögerungen des Wiederaufbaus. Sicherlich hat dies seine Berechtigung, aber es gab in den letzten Wochen auch positive Meldungen, die wir hier gerne erwähnen möchten. Die folgenden Informationen haben wir der Kathmandu Post entnommen:

13.05.2016: Die Nepal Reconstruction Authority (NRA) hat das Post Disaster Recovery Framework (Dokument mit den Rahmenbedingungen und den Plänen zum Wiederaufbau) planmäßig zum Jahrestag des zweiten Erdbebens (12.05.2016) fertiggestellt.  Die Bekanntmachung der 5 Jahres-Planung erfolgte durch Premierminister Oli. Das Dokument statuiert, dass 838 Billionen Nepali Rupie für den Wiederaufbau notwendig sind.

13.05.2016: Unterzeichnung eines 1 Million Euro- Programms zwischen der EU und der TI Nepal (Transparency International Nepal) zur Förderung der Integrität, Transparenz, Rechenschaftspflicht und des sozialen Zusammenhalts im Rahmen der Wiederaufbaumaßnahmen.  Das Projekt ist für einen Zeitraum von 5 Jahre ausgelegt und Teil eines 105 Millionen Euro Pakets, das die EU für die Wiederaufbaumaßnahmen gewähren wird.

28.05.2016: Vereinbarung zwischen der NRA und drei Banken-Vereinigungen im Hinblick auf Kontoeröffnungen und Auszahlungen der Entschädigungssummen für betroffene Privathaushalte.  Auszahlungen sollen bis zu einer definierten Summe kostenfrei erfolgen.

 

 

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Arbeiter & Hausbesitzer in Brabal

 

Auch wir können Fortschritte von unserem Wiederaufbau-Projekt berichten. Es war mir ein Herzensanliegen vor meinem Deutschlandaufenthalt unser Wiederaufbau-Projekt in Brabal zu besichtigen. So reisten wir vom 18. bis 20. Mai 2016 ganz geschwind, wie der Wind, nach Brabal und zurück nach Kathmandu.

 

 

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Wunderschön geschnitzte Details am Türrahmen

 

Unterwegs haben wir in den Dörfern einige neue Häuser im Bau gesehen. Es tut sich etwas. Besonders erfreulich ist, dass die meisten mit seismischen Bändern und Eckverstärkungen in einer erdbebensichereren Bauweise erstellt werden.

Ab dem Ort Trisuli  konnten wir an der Straße, die über Shafru Bensi bis zur Grenze nach Tibet (Rasuwagadhi – Kerung) führt, viele Bauarbeiten beobachten. Neue Hangabsicherungen aus Gabionen mit Steinfüllungen wurden angebracht. Dies ist gewiss notwendig, da seit kurzem die Importlieferungen aus China über die Grenze Rasuwagadhi- Kerung erfolgen. Hunderte von bunt bemalten Lastwagen warten in dem Dörfchen Timure (Nepal)  auf die Zollabfertigungen und werden danach die Straße über Trisuli nach Kathmandu befahren. Zeitungsberichten zu Folge soll die Straße innerhalb der nächsten zwei Jahre ausgebaut und erneuert werden.

 

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Warten auf die Zollformalitäten

 

Die Fahrt von Sano Barkhu bis Brabal war, beziehungsweise ist ein wahres Abenteuer. Um die serpentinenreiche Strecke zu bewältigen mussten wir wegen der engen Wegführung mehrfach Anlauf nehmen um “die Kurven zu kriegen“. Bei trockenem Wetter ist es ratsam die Fenster zu schließen. Der feine Sand wirbelt auf und hinterlässt eine riesige Staubwolke. Bei Regenwetter ist es besser, die Straße, die sich in einen Schlamm-See verwandelt, zu meiden. Zu groß ist das Risiko, dass das Fahrzeug stecken bleibt.

Nach wie vor tut es mir in der Seele weh, zu sehen, wie sich der wunderschöne idyllische Wanderweg in einen befahrbaren Pfad verwandelt. Jetzt führt die Strecke  schon bis zum nächsten Ort Thulo Shafru. Dennoch bringt die Straße Fortschritt in die Dörfer. Ohne die neue Straße wäre es uns in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, den Zement, Sand und Stahl nach Brabal zu transportieren.

 

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Ein befahrbarer Weg entsteht

 

Was mich nach unserer Ankunft in Brabal erwartete, hat alle meine Erwartungen und Vorstellungen übertroffen:

 

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Das erste Muster-Haus in Brabal

 

Ein Haus war bereits komplett erstellt. Ein weiteres Haus befand sich im Bauprozess und wartete auf die Dachkonstruktion. Mittlerweile ist dieses Haus ebenfalls fast fertig und ein Drittes ist im Bau. Temba und ich freuen uns riesig über die professionelle Bauweise, die hervorragende Leistung der Nepalesen sowie über die Solidarität und Zusammenarbeit der Dorfbewohner. Jeder hilft jedem – es wird zusammen Holz gesägt, Fensterrahmen und Türen gebaut, Steine ausgegraben. Die Regelung, dass jeder Betroffene Holz, Fenster-Glas und Steine selbst beschaffen muss und für die anschließende Innenausstattung (Boden, Raum-Dämmung, Einrichtung, etc.) eigenverantwortlich ist, wird bereitwillig umgesetzt.

 

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Das zweite Muster-Haus im Bau

 

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Dorfbewohner helfen sich gegenseitig

 

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Holzarbeiten – Fenster- und Türrahmen entstehen

 

Wir haben derzeit noch Materialien (Zement, Sand und Stahl) für fünf weitere Häuser in Brabal. Je nachdem wie sich die Regenzeit entwickelt, setzen wir die Bauarbeiten fort. Darüber hinaus kümmert sich Temba verstärkt um den Genehmigungsprozess in Dhunche.

Nach Fertigstellung von zwei Häusern können wir nun die konkreten Kosten für ein Haus beziffern. Die Kosten setzen sich aus Transportkosten (von Trisuli nach Brabal), Materialkosten (Sand, Zement, Stahl und Wellblech) sowie Arbeitskosten (Arbeitskräfte aus dem Okhaldunga Gebiet) zusammen und betragen für ein Haus EUR 7.250,00.

 

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Weiteres Baugrundstück in Vorbereitung

 

In diesem Betrag sind die Kosten für Fenster-Glas, Holz und Steine sowie die Materialien für die Innenausstattung (Raum-Dämmung, Boden, etc.) nicht enthalten. Diese Leistungen müssen als eigenständiger Beitrag durch die Dorfbewohner erbracht werden. Nur dadurch ist gewährleistet, dass Eigenverantwortung übernommen wird und eine Wertschätzung entstehen kann.

Viele weitere Fotos zum Projekt und Baufortschritt stellen wir in Kürze auf unsere Facebook-Seite: https://www.facebook.com/helpforlangtang/

NAMASTE!

Sabine & Temba

Patan´s Regen-Gott – Rato Machhindranath

29. Mai 2016 at 12:03

Pani paryo… es regnet…

Zu Beginn der Monsun-Jahreszeit findet in Nepal zu Ehren der Gottheit Rato Machhindranath ein großes Festival statt. In einer Prozession wird Machhindranath in einem Festwagen durch die Straßen von Patan gezogen.

 

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Der Pfahl des Festwagen ist von weitem sichtbar

 

Patan, auch Lalitpur genannt, ist die Stadt der Schönheit und die zweitgrößte Königstadt im Kathmandu-Tal. Die ethnische Volksgruppe Newari sind die Ureinwohner des Kathmandu-Tals.  In Patan ist der hohe Anteil der newarischen Bevölkerung sichtbar.  Viele Newari sind künstlerisch in der Holzschnitz- und Metallkunst tätig oder erwerben ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft.  Durch die beruflichen Tätigkeiten, die religiösen Glaubenssätze und die tiefe Verbundenheit zur Natur sind in der Vergangenheit zahlreiche traditionelle Feste entstanden. Da über lange Zeit keine Aufzeichnung historischer Daten  existierte, ist es schwer abzuschätzen wann diese Feste entstanden sind.

So auch das Fest des Rato Machhindranath. Rato ist nepalesisch und heißt übersetzt Rot. Das  Sanskritwort „Natha“ bedeutet  Gott oder Beschützer. Eine der vielen Legenden besagt, dass der hinduistische Guru Gorkanath während eines Besuchs in Patan alle Schlangen, die die Macht über den Regen haben, gefangen genommen hat. Diese Reaktion lösten die Bewohner, die dem Guru keine Almosen geben wollten, aus. Daraufhin  zog sich eine gewaltige Dürre über das Land und die Menschen klagten und ersehnten den Regen. Der König von Patan folgte dem Rat seiner engsten Vertrauten und lud Machhindranath, den Lehrer von Gorkanath nach Patan ein. Als Gorkanath vom Besuch seines Lehrers hörte,  ließ er die Schlangen frei und lief zu Machhindranath um ihn zu sehen.  Ab diesem Zeitpunkt gab es immer genug Regen in Patan. Machhindranath wird deshalb auch als Regen-Gott verehrt.

 

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Festwagen des Rato Machhindranath

 

Die Legende um Rato Machhendranath macht mich neugierig. Ich gehe durch die geschäftige Straße zum Lagankhel Buspark. Auf beiden Seiten bieten die Händler ihre Waren feil. Es ist  schwül heiß, die Luft ist zum Schneiden dick. Ein Gewitter kündigt sich an. Von weitem sehe ich schon den Pfahl hervorragen. Die Menschenmenge verdichtet sich. Auf dem Boden haben Frauen Tücher ausgebreitet. Sie verkaufen kleine Butterlampen.

Da steht er in voller Pracht: der Festwagen des Rato Machhindranath.
Ein Kunstwerk, Verehrungsobjekt und Transportmittel. An der langen Deichsel ist eine vergoldete Maske angebracht. Es ist der Akash Bhairab, der eine spezielle Form des Bhairab darstellt. Bhairab ist die schreckliche, grimmige Manifestation von Lord Shiva und wird oft mit fletschenden Zähnen und flammenden Haaren dargestellt.

 

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Die Maske des Akash Bairab an der Deichsel

 

Junge, Alte, Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer fassen die Maske an oder berühren sie mit der Stirn. Es ist faszinierend zuzusehen. Tiefe Religiosität, Demut und Ergebenheit ist überall zu spüren. Ich kann den Blick nur schwer lösen. Am Ende der Deichsel auf vier riesigen Rädern sitzt eine Sänfte aus wunderschön geschnitztem Holz mit bronzebeschlagenen Seiten. Daran schließt sich ein hoher Pfahl aus zusammengebundenen Baumruten, geschmückt mit langen Bändern an. Ganz oben weht die nepalesische Landesflagge im Wind. Die Holzräder sind mit dicken Seilen an den Unterbau der Sänfte gebunden. Im Innern der Sänfte thront die Gottheit Rato Machhindranath. Eine Statue mit rotem Gesicht, großen goldenen Ohren und überdimensionalen  Augen.

 

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Die Gottheit Rato Machhindranath

 

Das Rato Machhindranath Festival feiern sowohl Hinduisten als auch Buddhisten. Die Hinduisten sehen in Machhindranath eine Reinkarnation von Lord Shiva und die Buddhisten eine Reinkarnation von Avalokiteshvara,  dem erleuchteten Wesen des Mitgefühls. Wie bei so vielen anderen wichtigen Anlässen oder Feiern hängt die Dauer des Festivals vom astrologischen Kalender ab. Dabei erfolgen die Berechnungen nach dem newarischen Kalender. Mit dem Aufbau des Festwagens wird bereits einen Monat vor dem Fest begonnen. Die Höhe des Pfahls, der Durchmesser der Räder und die Länge der Deichsel richten sich nach der astrologisch bestimmten Glückszahl 32. Diese Zahl ist beim Bau des Festwagens in verschiedenen Maßeinheiten zu berücksichtigen. Newarische Männer, insbesondere Farmer, die der Gemeinschaft der Jyapu angehören, ziehen den Karren mit Hilfe der nepalesischen Armee durch die verschiedenen Stadtteile in Patan. Nur an einem Tag wird der Festwagen von Frauen gezogen. Gestartet wird in Phulchok und nach mehreren Tagen endet das Fest mit dem Hauptfeiertag „Botho Jatra“ in Jawalakhel.  Während einer Zeremonie wird durch einen Regierungsbeamten die glitzernde Brokat-Weste (Bhoto) der Gottheit hochgehalten. Danach wird der Festwagen auseinandergebaut und Rato Machhendranath wird in seinen zweiten Tempel in Bungamati gebracht. Bungamati ist ein newarisches Dorf, ca. 5 km von Patan entfernt. 6 Monate verbleibt die Gottheit im Tempel in Bungmati und 6 Monate in seinem im 16. Jahrhundert erbauten Tempel in Patan. Alle 12 Jahre endet das Festival direkt im Dorf Bungamati.

 

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Was für eine künstlerische Konstruktion

 

NAMASTE!

Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 16

25. April 2016 at 10:22

25. April 2016 – Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 16

Ein Jahr danach… und es hat sich gleichzeitig viel und wenig getan.

Welche Gegensätzlichkeit –  aber das spiegelt sich überall in Nepal:

  • Der höchste Punkt der Welt – Mount Everest mit 8.850 m im Khumbu und der niedrigste mit 60 m im südlichen Terai.
  • Heilige Plätze, gereinigt durch den Duft von Räucherstäbchen und stinkender Abfall gleich daneben.
  • Gelebte Traditionen in entlegenen Gebieten und selbst der Opa hat dort ein Smartphone am Ohr. 

     

     

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Smartphone-Nutzung in abgelegenen Dörfern

 

Hilfsorganisationen aus dem In- und Ausland haben im Rückblick sehr viel bewegt. Die nepalesische Armee und der Katastrophenschutz konnten Lebende unter den Trümmern bergen. Trinkwasseranlagen standen der Bevölkerung in Kathmandu und in den betroffenen Gebieten zur Verfügung. Lebensmittel, Plastikplanen und Wellblech wurden an die notleidende Bevölkerung verteilt. An vielen Schulen erfolgte die Einführung von Schulspeisungen; die Verteilung von neuer Schulkleidung und Schulrucksäcken symbolisierte Neuanfang. Familien sind in errichtete Notunterkünfte eingezogen. Der Wiederaufbau der Häuser hat begonnen und setzt sich fort.

Wenig Unterstützung kam und kommt seitens der nepalesischen Regierung.
Verzögerungen bei der Gründung der „Nepal Reconstruction Authority (NRA)“.
Verzögerungen bei der Veröffentlichung des neuen Building Codes.
Verzögerungen bei dem Abruf der international zur Verfügung gestellten Hilfefonds.
Verzögerungen bei der Verteilung von staatlicher Unterstützung an die betroffenen Familien. Tausende leben immer noch in Notunterkünften. Bei allem, was Handlung und Umsetzung seitens der Regierung erfordert, ist die Bevölkerung in ständiger Warteposition. Gezwungen zum Ausharren und anschließendem Akzeptieren. Jede Aktivität wird schon im Keim verstickt. Nur wenige folgen ihrem eigenen Tatendrang.

 

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Zerstörte Häuser provisorisch mit Wellblech repariert

 

Medienberichten zufolge haben 31.000 Familien begonnen ihre Häuser in den betroffenen Gebieten selbst wieder aufzubauen. Das hat die NRA Behörde nun dazu bewogen ihre strikte Regelung etwas aufzuweichen. Zuvor sollte keine Auszahlung der Entschädigung erfolgen, sofern Familien bereits mit dem Wiederaufbau begonnen haben. Jetzt sollen die Ausgleichssummen auch an die Haushalte fließen, die mit dem Hausbau begonnen haben und eine erdbebensichere Bauweise vorweisen können. Insgesamt sind mehr als 770.000 Häuser durch das Erdbeben zerstört.  Bisher haben nur 641 Haushalte in Singati (Dolakha Distrikt) die erste Rate von NPR 50.000 (ca. EUR 435), der von der Regierung angekündigten Entschädigungssumme über insgesamt NPR 200.000 (ca. EUR 1.740) erhalten (Quelle: Kathmandu Post, 18.04.2016).

Der Chef der NRA Behörde Sushil Gyewali teilte in einem Zeitungsinterview mit, dass die Behörde zuversichtlich ist und der gesamte Wiederaufbau innerhalb 5 Jahren abgeschlossen ist. Dazu soll zum Jahrestag des Erdbebens ein Dokument mit den Rahmenbedingungen und den Plänen zum Wiederaufbau in den nächsten Jahren veröffentlicht werden.

 

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Kathmandu Durbar Square – Kumari-Haus mit Stützbalken

 

Gleichzeitig mit Frühlingsbeginn hat unser Wiederaufbauprojekt an Fahrt aufgenommen. Alles ist im Fluss. Erneuerung und Wachstum symbolisieren das Frühjahr und das scheint sich auf unser Vorhaben übertragen zu haben.

 

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Steinklopf-Arbeiter aus Okhaldhunga (Distrikt in Ost-Nepal)

 

Seit dem 27.03.2016 ist die nepalesische Gruppe aus dem Okhaldhunga Distrikt fleißig bei der Arbeit in Brabal. Steine werden ausgegraben und in Form geklopft, Schubkarren voller Erde hin- und hergeschoben.  Die Dorfbewohner sind mit Holzarbeiten beschäftigt und es entstehen Tür- und Fensterrahmen. Der 01.04.2016 ist ein historischer Tag; die Strasse führt nun von Thulo Barkhu durchgehend bis Brabal. Jetzt setzt der Dominoeffekt ein. Ein Dominostein stößt den anderen an und es läuft vieles wie von selbst.

 

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Die Straße führt bis zum Ortseingang Brabal

 

Keuchend schnauft der vollgeladene 4 Tonner die erdige Piste hinauf. Die erste Ladung Sand und Zement erreicht Brabal am 04.04.2016.  Als ich die Fotos von der Wegführung und den umgestürzten Bäumen sehe, zerreißt es mir das Herz. Wie oft sind wir die wunderschöne Strecke Thulo Bharku – Brabal durch die idyllische Wald- und Berglandschaft gelaufen. Straßenbau in den abgelegenen Gebieten Nepals. Fluch oder Segen? Auf jeden Fall eröffnet die Straße neue Möglichkeiten und erleichtert den Transport. Zur Grundsteinlegung am 04.04.2016 wird ein buddhistischer Priester, der die heiligen Texte liest und eine Räucher-Zeremonie durchführt, bestellt. Sechs Tage später, am 10.04.2016 ist das Fundament des neuen Hauses komplett gelegt.

 

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Fundament des ersten Muster-Hauses in Brabal

Nun geht es an den schwierigsten und für die Dorfbewohner recht unbekannten Teil des Bauwerkes: die Erstellung des ersten seismischen Betonbands. Gemessen, gebogen, gewogen, gemischt – alles ganz exakt nach den Vorgaben des Baudossiers und Building Codes. Am 12.04.2016 ist das Betonband pünktlich zum nepalesischen Jahreswechsel fertiggestellt.

 

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Die Eisenhaken müssen exakt platziert werden

 

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Holzschalung für das erste seismische Betonband

Das Setzen der Türen, insbesondere der Eingangstür erfordert eine korrekte Ausrichtung nach der entsprechenden Himmelsrichtung. Die Platzierung der Haustür Richtung Norden ist nicht möglich. Es besteht in Nepal der Glaube, dass den Hausbewohnern dann großes Unglück widerfährt. Sämtliche Türen haben zum 15.04.2016 ihren Platz gefunden. Die Arbeiten zum zweiten seismischen Band gingen den Arbeitern schon leichter von der Hand. So konnten am 21.04.2016 sogar schon die Fensterrahmen eingebaut werden. Das dritte seismische Band ist derzeit in Entstehung.

 

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Die Türen sind gesetzt

 

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Baufortschritt in Brabal – Fenstereinbau

 

Wir gehen davon aus, dass das erste Musterhaus Mitte Mai fertig gestellt und vor dem Monsun beziehbar ist. Wenn alles planmäßig verläuft wird in Kürze der Bau des zweiten Musterhaus in Angriff genommen.

Gerne möchten wir an dieser Stelle auf unsere Portrait-Serie, die wir auf unserer Facebookseite veröffentlichen, aufmerksam machen. Wir stellen regelmäßig die Bewohner/innen des Dorfes Brabal mit einer kleinen Beschreibung vor.  Außerdem können aktuelle Fotos vom Baufortschritt unter  www.facebook.com/helpforlangtang eingesehen werden.

 

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Kamsya Tamang – Hausfrau & Farmerin aus Brabal

 

Die Projektbeschreibungen zur Sunaulo Erdbebenhilfe, Trinkwasserversorgung und Müllentsorgung (Gemeinschaftsprojekt mit den Engineers Without Borders e.V., Karlsruhe) sind nun eingestellt und können auf unserer Webseite www.sunaulosansar.org  abgerufen werden.

NAMASTE!!

Wasser Marsch!

9. April 2016 at 16:11

Heute ist Samstag, öffentlicher und einziger Ruhetag in Nepal. Die Schulen, Behörden und viele Läden sind geschlossen. Das Treiben bei uns im Hinterhof ist in vollem Gange. Der Lärmpegel steigt. An ein ruhiges Arbeiten ist nicht mehr zu denken. Ich schaue aus dem Bürofenster. Die quietschende Wasserpumpe als einzige Wasserquelle ist im Dauereinsatz. Die Nachbarn können von fließendem Wasser in den Häusern nur träumen. Deshalb spielt sich alles, wofür Wasser benötigt wird, im Hof ab. Früh am Morgen werden die Zähne geputzt. Der Hals wird mit lautem Räuspern gereinigt. Dann wird das schmutzige Geschirr gewaschen. Wenn die Sonne scheint, waschen die Frauen ihre langen schwarzen Haare. Die Kinder stehen in Badehose und werden von den Eltern eingeseift und mit einer Schöpfkelle voller Wasser abgeduscht. Die Wäsche wird in großen Schüsseln eingeweicht, gebürstet, geschrubbt, gestampft und gewrungen – so lange bis sie sauber ist.

 

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Im Hinterhof – Wasser Marsch!

 

Den Nachbarn scheint es gut zu gehen, sie kennen es nicht anders. Sie brauchen sich nicht nach den Stromausfallzeiten zu richten. Die Wasserpumpe ist manuell von Hand zu bedienen. Jedes Mal wenn ich faszinierend aus dem Bürofenster schaue, bin ich dankbar, dass wir im Bad und in der Küche nur den Wasserhahn aufdrehen müssen um das kühle Nass sprudeln zu lassen. Es sei denn, es gibt gerade keinen Strom und es wurde vergessen das Wasser in den schwarzen Plastiktank zu pumpen.

NAMASTE!

Hinduismus – Leben und Tod (T 3)

29. März 2016 at 15:30

Wie setzen sich die Riten nach der Kremation fort?
Was bedeutet der Tod im Hinduismus?
Gibt es auch im Hinduismus so etwas wie einen Leichenschmaus?

Die beiden Söhne bleiben am Ghat (Wort aus dem Sanskrit;  Bedeutung: Böschung / Treppe, die zu einem Fluss oder Gewässer führt)  bis die Kremation beendet ist. Dann werden Ihnen die Haare rasiert. Nur ein kleines langes Haarbüschel am Hinterkopf bleibt stehen. Sie erhalten weiße Tücher, die sie sich um die Hüften binden und Strohschuhe. Auch die Witwe muss nach hinduistischer Tradition weiße Kleider und Strohschuhe tragen. Die Witwe und ihre Söhne gelten als unrein und müssen 13 Tage lang selbst kochen und außerhalb der Wohnung leben.

Am Eingangsbereich des Hauses gibt es eine kleine Kammer. Diese wird mit Decken und Isomatten ausgelegt. Ende Februar ist es ist noch recht kalt in Kathmandu. Gekocht wird ohne Knoblauch, Fleisch und Salz – nur einmal am Tag. Alkohol ist verboten.

Jeden Morgen werden die weißen Tücher gewaschen und die Söhne kleiden sich frisch ein. Täglich kommt ein Priester und führt verschiedene Pujas (rituelle Handlungen / Gottesdienste) durch. Auch zu uns kommt er kurz in die Wohnung um diese mit einem Mantra (heiliger Spruch oder heilige Silbe) zu reinigen.

Nach 13 Tagen dürfen die Söhne und die Witwe wieder in die Wohnung. Es wird ein festliches Essen für die Familie, Angehörige, Nachbarn und andere Trauergäste vorbereitet. Dieses Essen entspricht dem Leichenschmaus, der bei den Christen am Tag der Beerdigung und bei den Buddhisten 49 Tage nach der Kremation stattfindet.

Normalerweise tragen die Witwe und die Söhne während einer einjährigen Trauerzeit weiße Kleidung. Dies wird aber in den Städten nicht mehr so streng genommen. Die starren Regeln und Riten scheinen sich etwas aufzulösen.

So hoffen die hinduistischen Gläubigen auch, dass sie eines Tages den sich ständig wiederholenden Kreislauf von Leben und Tod durch die endgültige Erlösung durchbrechen und auflösen. Der Glaube an die Wiedergeburt, die bedingt durch gutes oder schlechtes Karma (Ursache-Wirkung-Prinzip von Handlungen) erfolgt, macht den Tod als Teil des Lebens zum Neubeginn.

 

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