Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 9

21. Juni 2015 at 15:32

21. Juni 2015 – Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 9

Seit einer Woche bin ich zurück in Deutschland. Der Abschied war schmerzhaft. Es fiel mir schwer meine Lieben zurückzulassen. Dennoch – es gibt viel zu tun und auch von meinem deutschen Standort aus kann viel bewirkt werden.

 

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Zunächst folgt die Fortsetzung unseres Berichts zum Aufenthalt in der Langtang Region:

In der Nacht zum 30.05.2015 gab es ein Nachbeben. Es war das erste Mal, dass ich es gespürt und wahrgenommen habe. Das lag wohl daran, dass wir im Zelt schliefen und direkt auf der Erde lagen. Es war, wie wenn mich jemand rüttelt. Ich hatte ein beklemmendes Gefühl im Brustbereich. Dann Stille – nur für einen Moment, darauffolgend ein rieselndes Geräusch auf der gegenüberliegenden Bergseite – ein Erdrutsch… Temba hatte nichts mitbekommen und schlief tief und fest.

Am Samstag, den 31.05.2015, machten wir uns bei großer Hitze mit Decken und Seifen auf nach Thulo Shafru (2.250 m). Die Zeltplanen hatten wir bereits am Vortag mit Mulis vorausgeschickt. Wie bereits erwähnt, machten uns die vielen Erdspalten auf dem Weg von Brabal nach Thulo Shafru Sorgen. Bisher hatten sich noch keine nepalesischen Geologen die Mühe gemacht in den Rasuwa Distrik zu reisen. Die Schweizer Geologin Lea konnte uns aber zumindest im Hinblick auf die Situation des Dorfes Brabal beruhigen. Wir erhielten eine ausführliche Dokumentation über das Landslide Monitoring in der Langtang Region mit Ausführungen zu Maßnahmen und Überwachung. Dafür nochmals herzlichen Dank.

 

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Als wir das Dorf Thulo Shafru erreichten, erwartete uns der nächste Schock. Die Häuser sind auch hier zu 70 % komplett zerstört. Alle anderen so stark beschädigt, dass diese abgerissen werden müssen. Der Ort selbst ist wie ausgestorben und die Bewohner trauern um 4 Menschen, die durch das Erdbeben ihr Leben verloren haben. Die vorübergehenden Zeltunterkünfte sind auf die rechte Seite des Dorfes verlegt. Provisorische Toilettenhäuschen sind vereinzelt zu finden. Wir sehen die großen Unterschiede in der Bauweise der Schutzhütten. Teilweise einfach zusammengezimmert und überspannt mit Zeltplanen, die nicht mal bis zum Boden reichen. Keine Eingangstüren, wie in Brabal. Manche konnten mehr, manche weniger, manche gar keine Haushaltsgegenstände aus den Trümmern retten. Vor der Verteilung der Hilfsgüter haben wir die Häuser unserer Guides und Träger, die in Thulo Shafru wohnen, angeschaut. Eine traurige Bilanz – alle 5 Häuser komplett zerstört und unbewohnbar. Ein Haufen voller Steine mit zerborstenen Holzlatten. Wir haben alles detailliert dokumentiert und fotografiert.
 

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Die Ausgabe der Decken, Plastikplanen und Seifen erfolgte im Hof der Schule. Das Schulgebäude steht noch. Viele tiefe Risse und zusammengefallene Wände und Pfeiler waren überall zu sehen. Die Sicherheit des Gebäudes ist nicht mehr gegeben und an einen Schulbetrieb in den Räumlichkeiten ist erst mal nicht zu denken. Unsere beiden Trekking Guides Kanchha und Buddhiman sowie Karma, unser Träger waren bei der Übergabe der Hilfsmaterialien voll im Einsatz. Dankbar und freudig nahmen die Dorfbewohner die hilfreichen Gegenstände entgegen. Insgesamt haben wir eine Verteilung an 145 Haushalte vorgenommen. Auch hier haben wir die Namen der Bewohner, die mit Gütern versorgt wurden, dokumentiert und festgehalten. Die Dokumentationen müssen bei dem Social Welfare Council in Kathmandu vorgezeigt werden. In der Dämmerung machten wir uns auf den Rückweg nach Brabal und legten diesen zur Hälfte in strömendem Regen zurück.

 

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Am nächsten Tag (31.05.2015) nahmen wir den steilen Pfad abwärts nach Shafru Bensi (1.460 m). Nach 4 Stunden erreichten wir mit schmerzenden Knien und Beinen wie Gummi den Ortseingang. Im neuen Ortsteil von Shafru Bensi konnten wir einige Häuser sehen, die nicht so stark beschädigt schienen. Als wir uns näherten und uns die Gebäude von innen ansahen, wurden wir eines besseren belehrt. Eingefallene Wände und tiefe Risse im Fundament erwarteten uns. Sämtliche Häuser wurden bereits von Ingenieuren der Regierung inspiziert und mit einer roten oder gelben Markierung versehen. Rot bedeutet Abriss und gelb Reparatur. Der alte Ortsteil von Shafru Bensi mit den vielen Steinhäusern ist komplett zerstört. Einige der Bewohner nahmen Unterschlupf in dem unversehrten Klostergebäude.

 

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Die Verteilung der Plastikplanen durch unseren Sherpa Kami erfolgte an die Bewohner des alten Ortsteils mit insgesamt 30 Haushalten. Diese hatten bei unserer ersten Hilfsgüter-Lieferung Anfang Mai noch keine Zeltplanen erhalten.

 

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Die Grundschule in Komin, die oberhalb von Shafru Bensi liegt und die wir regelmäßig unterstützen, haben wir ebenfalls besucht. Die Räumlichkeiten der Schule hatten wir noch letztes Jahr mit Hilfe unserer Voluntärin Christine neu und farbig gestaltet. Jetzt ist das Gebäude stark beschädigt und mit Rissen durchzogen. Auch die Toilettenhäuschen sind total zerstört. Gut, dass die Organisation „Save the children“ den ganzen Schulen im Distrikt Rasuwa große Zelte zur Verfügung gestellt hat um den Schulbetrieb alsbald wieder aufzunehmen.

 

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Am nächsten Morgen (01.06.2015) durchquerten wir die Ortschaft um auf den Weg Richtung Thulo Shafru zu kommen. Wir sahen, dass viele der Läden, wenn auch beschädigt, bereits geöffnet hatten. Die Menschen saßen davor und tauschten sich aus. Viele Bewohner haben Angst, dass durch den Monsun Erdrutsche ausgelöst werden, die den Fluss aufstauen. Die Straße nach Gatlang ist bereits blockiert und unbefahrbar. Der Trail nach Thulo Shafru ist begehbar. Im unteren Bereich nahe des Langtang Flusses sahen wir die vielen und riesigen Steinbrocken, die durch die Erdrutsche herab gerissen wurden. Die langen Risse in der Erde sind auch hier über die komplette Strecke zu sehen.

 

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Nach 4 stündigem Fußmarsch bei brütender Hitze erreichten wir Thulo Shafru. Mit der fantastischen Unterstützung und Tatkraft unserer Guides und Bewohner von Thulo Shafru haben wir ein richtig tolles Toilettenhäuschen erstellt. Nach langem Graben und Ausheben des steinigen Bodens sowie Befestigung der Holzbretter, wurde die Plastikplane um die aufgestellten Holzstangen gewickelt. Et voilà – nach 5 Stunden war das Werk getan.

 

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Am Vollmondtag (Saga Dawa) 02.06.2015 nahmen wir an der Beerdigungszeremonie von Tembas Nichte teil. Sie war als Krankenschwester in dem Health Post in Langtang tätig und kam durch die Geröll-Lawine, ausgelöst durch das Erdbeben, ums Leben. Spät abends kamen wir zurück nach Brabal. Nach kurzer Wanderung bis Sano Barkhu fuhren wir am nächsten Tag (03.06.2015) mit dem Jeep in 6 Stunden und bei gleisendem Sonnenschein zurück nach Kathmandu.

Unser Kletterguide Mingmar und unser Sherpa Pemba Gelu berichteten uns, wie sehr sich die Bewohner in ihren Heimatdörfern (Solukhumbu und Okhaldunga Gebiet) über die Decken und Plastikplanen gefreut haben. Alle nahmen die Hilfsgüter freudestrahlend und dankbar entgegen.

 

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Mit diesen Unterstützungs-Aktionen sind nun unsere Sofort-Hilfsmaßnahmen in der Langtang Region (Thulo Shafru, Brabal, Thulo Barkhu, Gre, Shafru Bensi, Sano Barkhu, Komin, Nagarkoti) und in Solukhumbu/Okaldhunga zunächst beendet. Nach der Monsunjahreszeit geht es an den Wiederaufbau der Häuser und Schulen. Wir werden in Kürze eine Dokumentation (Rechenschafts- bzw. Nachhaltigkeitsbericht) über die bereits getätigten Sofort-Hilfsmaßnahmen sowie die weiteren Planungen und Vorgehensweisen in Sachen Wiederaufbau übersenden.

Gerne möchten wir noch auf unseren Bericht „Reisen in Nepal“ – Besuchsberichte, Einschätzungen und Empfehlungen (Version: 19.06.2015) unter dem folgenden Link hinweisen:

http://www.tembasnepaltrek.com/Reisen%20in%20Nepal_%20Einsch%C3%A4tzungen%20TNT_19062015.pdf

Namaste

Temba & Sabine

Erfolgreiche Abholung

26. Mai 2015 at 23:13

Update 26. Mai 2015 – Kathmandu / Nepal

Abholung und Entgegennahme der Abdeckplanen

 

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Heute hatten wir richtig Glück mit dem Abholen der Abdeckplanen von der Firma Würth. Es ging alles rucki zucki und in 3 Stunden war alles erledigt. Da wir bereits alle Dokumente zusammen hatten, konnten wir direkt zum Außenhof durchgehen um die Ware zu identifizieren. Direkt am Eingang standen die drei Paletten – unübersehbar. Nach weiteren Kontrollen der Papiere, dem Vergleich der Frachtbrief-Nummer an der Ware und auf den Dokumenten konnten wir die Plastikplanen aufladen und mitnehmen. Nochmals herzlichen Dank für diese Sachspende.

 

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Was alles an verschiedenen Hilfsgütern auf diesem Air-Cargo Platz zu sehen ist, ist einfach unglaublich. Teilweise sind die Güter nur in Kartons verpackt, die durch den Regen bereits aufgeweicht sind und fast auseinanderfallen. Koffer und Taschen mit nicht identifizierbarem Inhalt. Ein Karton, der sowieso schon aufgerissen war, enthielt doch auch tatsächlich Perlen, die zum Fädeln von Ketten dienen. Als ob das bei so einer Katastrophe überlebenswichtig ist.

 

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Damit es nicht ganz so hektisch ist, haben wir unsere Abfahrt ins Langtang Gebiet auf Donnerstag verschoben. So haben wir noch den morgigen Tag um weitere Vorbereitungen zu treffen und Einkäufe zu tätigen. Morgen werden wir unserem Trekking und Climbing Guide Mingmar Sherpa und unserem Träger Pemba Gelu Sherpa jeweils 20 Plastikplanen für ihre Heimatdörfern in den Distrikten Okhaldunga und Solukhumbu übergeben. Diese Planen werden mit dem Flugzeug nach Phaplu gebracht. Von dort aus dauert es 1 – 2 Tage Fußmarsch bis sie ihre Dörfer erreichen. Die Häuser in dieser Region wurden erst von dem zweiten Erdbeben am 12.05.2015 zerstört.

Namaste