Pashupatinath ist der wichtigste Hindu-Tempel im Kathmandutal. Er befindet sich am Ufer des heiligen Flusses Bagmati. Der eigentliche Tempel ist nur für Hindus zugänglich, der äußere Tempelbezirk darf hingegen von jedermann betreten werden. Täglich finden in Pashupatinath öffentliche Feuerbestattungen statt.
Heute sind wir nicht hier um unseren Gästen diesen heiligen Platz zu zeigen. Heute sind wir hier um uns von einer warmherzigen, hilfsbereiten, aufgeschlossenen Persönlichkeit zu verabschieden.
Unser Vermieter ist ganz plötzlich und unerwartet verstorben. Seit 8 Jahren, genau so lange wie ich nun in Nepal lebe, wohnen wir zusammen unter einem Dach. Es ist mir ein Herzensbedürfnis ihm die letzte Ehre zu erweisen. Wir sind etwas unsicher wie wir uns verhalten sollen. Ist es doch die erste hinduistische Trauerzeremonie an der wir teilnehmen. Wir haben Blumengirlanden aus Tagetes gekauft. Nun stehen wir am Ghat (Wort aus dem Sanskrit; Bedeutung: Böschung / Treppe, die zu einem Fluss oder Gewässer führt) direkt unterhalb des Haupttempels. Auf einer der Treppen ist der Leichnam aufgebahrt. Der Körper ist in ein Tuch gewickelt, bedeckt mit unzähligen Blumenketten. Neben dem nicht verhüllten Kopf sind brennende Räucherstäbchen in die Bodenritzen gesteckt. Das Gesicht sieht friedlich und frisch aus. Es scheint als würde dort ein Schlafender liegen und gleich aufwachen.
Unser Nachbar kennt sich mit den hinduistischen Ritualen aus. Er sagt, wir sollen um den Körper herumgehen und dann die Blumengirlande darauf ablegen. Die beiden Söhne, die daneben stehen, bedanken sich für die Anteilnahme. Eigentlich ist dies nicht anders als bei einer Beerdigung. Dort werfen die Trauergäste auch Blumen oder Erde ins Grab. Es kommen immer mehr Menschen, die Blumen niederlegen und sich verabschieden. Nach einer Stunde beginnt die eigentliche Zeremonie mit den Ritualen.
Der Leichnam wird von der Bahre genommen und von den Söhnen und anderen Verwandten zu der abschüssigen Stelle, die direkt in den Bagmati Fluss mündet, gebracht. Die Lagerung des Körpers erfolgt so, dass die Füße in den Fluss ragen. Die Blumengirlanden werden zur Seite gelegt. Oberhalb des Kopfes befindet sich ein Loch bzw. ein Durchbruch mit einer Quelle. Daraus wird mit der hohlen Hand eine Flüssigkeit aus Wasser und Milch geschöpft und dem Toten in den Mund geträufelt. Die letzten Waschungen finden statt. Das Gesicht wird mit rotem Zinnoberpulver bestäubt, es brennen wieder Räucherstäbchen neben dem Kopf. Die Witwe gibt nun ihre Kette aus kleinen feinen grünen Perlen (Nepali = Pote), die ein Symbol der Verheiratung ist, sowie den Hochzeitsschmuck (Nepali = Mangalsutra) an den verstorbenen Ehemann zurück.
Der Verstorbene wird danach auf eine Bahre aus Bambus gelegt. Der Priester bläst in das Muschelhorn. Es ist das Zeichen, dass die Verbrennung kurz bevor steht. Die Söhne und weitere Helfer tragen den Leichnam zum Verbrennungsplatz. Am Arya Ghat (Verbrennungsstelle für Regierungsbeamte und höhere Kasten) sind bereits die Holzscheite aufgeschichtet. Rundherum ist der Platz mit Blumenketten geschmückt. Ein kleiner Baldachin in orange ist aufgebaut. Der Leichnam wird auf der Bahre insgesamt dreimal im Uhrzeigersinn um den Platz getragen. Die Söhne unterlegen danach auf Anweisungen des Priesters das aufgestapelte Holz mit Stroh, Sandelholz und Ghee (geklärte Butter). Danach wird der tote Körper darauf gebettet. In Ghee getränktes Stroh und Münzen werden nun in den Mund des Verstorbenen gesteckt. Die Söhne drehen nochmals drei Runden wobei der älteste Sohn vorangeht und ein brennendes Holzstück trägt. Der jüngere Sohn hält ihn am Arm und geht hinterher. Bei jeder Runde berühren die Söhne mit ihren Köpfen die Füße des Toten. Nach den Umrundungen zündet der älteste Sohn das Stroh im Mund an.
Nun umrundet die Witwe und andere Verwandte den Leichnam. Die Söhne müssen am Ghat bleiben bis zum Ende der Kremation. Im Hinduismus enden damit die notwendigen Rituale, insbesondere für die Witwe und die Söhne, noch nicht.
Wie setzen sich die Rituale fort?
Was bedeutet der Tod im Hinduismus?
Gibt es auch im Hinduismus so etwas wie einen Leichenschmaus?
Pashupatinath – Verbrennungsstätte
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