Patan´s Regen-Gott – Rato Machhindranath

29. Mai 2016 at 12:03

Pani paryo… es regnet…

Zu Beginn der Monsun-Jahreszeit findet in Nepal zu Ehren der Gottheit Rato Machhindranath ein großes Festival statt. In einer Prozession wird Machhindranath in einem Festwagen durch die Straßen von Patan gezogen.

 

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Der Pfahl des Festwagen ist von weitem sichtbar

 

Patan, auch Lalitpur genannt, ist die Stadt der Schönheit und die zweitgrößte Königstadt im Kathmandu-Tal. Die ethnische Volksgruppe Newari sind die Ureinwohner des Kathmandu-Tals.  In Patan ist der hohe Anteil der newarischen Bevölkerung sichtbar.  Viele Newari sind künstlerisch in der Holzschnitz- und Metallkunst tätig oder erwerben ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft.  Durch die beruflichen Tätigkeiten, die religiösen Glaubenssätze und die tiefe Verbundenheit zur Natur sind in der Vergangenheit zahlreiche traditionelle Feste entstanden. Da über lange Zeit keine Aufzeichnung historischer Daten  existierte, ist es schwer abzuschätzen wann diese Feste entstanden sind.

So auch das Fest des Rato Machhindranath. Rato ist nepalesisch und heißt übersetzt Rot. Das  Sanskritwort „Natha“ bedeutet  Gott oder Beschützer. Eine der vielen Legenden besagt, dass der hinduistische Guru Gorkanath während eines Besuchs in Patan alle Schlangen, die die Macht über den Regen haben, gefangen genommen hat. Diese Reaktion lösten die Bewohner, die dem Guru keine Almosen geben wollten, aus. Daraufhin  zog sich eine gewaltige Dürre über das Land und die Menschen klagten und ersehnten den Regen. Der König von Patan folgte dem Rat seiner engsten Vertrauten und lud Machhindranath, den Lehrer von Gorkanath nach Patan ein. Als Gorkanath vom Besuch seines Lehrers hörte,  ließ er die Schlangen frei und lief zu Machhindranath um ihn zu sehen.  Ab diesem Zeitpunkt gab es immer genug Regen in Patan. Machhindranath wird deshalb auch als Regen-Gott verehrt.

 

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Festwagen des Rato Machhindranath

 

Die Legende um Rato Machhendranath macht mich neugierig. Ich gehe durch die geschäftige Straße zum Lagankhel Buspark. Auf beiden Seiten bieten die Händler ihre Waren feil. Es ist  schwül heiß, die Luft ist zum Schneiden dick. Ein Gewitter kündigt sich an. Von weitem sehe ich schon den Pfahl hervorragen. Die Menschenmenge verdichtet sich. Auf dem Boden haben Frauen Tücher ausgebreitet. Sie verkaufen kleine Butterlampen.

Da steht er in voller Pracht: der Festwagen des Rato Machhindranath.
Ein Kunstwerk, Verehrungsobjekt und Transportmittel. An der langen Deichsel ist eine vergoldete Maske angebracht. Es ist der Akash Bhairab, der eine spezielle Form des Bhairab darstellt. Bhairab ist die schreckliche, grimmige Manifestation von Lord Shiva und wird oft mit fletschenden Zähnen und flammenden Haaren dargestellt.

 

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Die Maske des Akash Bairab an der Deichsel

 

Junge, Alte, Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer fassen die Maske an oder berühren sie mit der Stirn. Es ist faszinierend zuzusehen. Tiefe Religiosität, Demut und Ergebenheit ist überall zu spüren. Ich kann den Blick nur schwer lösen. Am Ende der Deichsel auf vier riesigen Rädern sitzt eine Sänfte aus wunderschön geschnitztem Holz mit bronzebeschlagenen Seiten. Daran schließt sich ein hoher Pfahl aus zusammengebundenen Baumruten, geschmückt mit langen Bändern an. Ganz oben weht die nepalesische Landesflagge im Wind. Die Holzräder sind mit dicken Seilen an den Unterbau der Sänfte gebunden. Im Innern der Sänfte thront die Gottheit Rato Machhindranath. Eine Statue mit rotem Gesicht, großen goldenen Ohren und überdimensionalen  Augen.

 

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Die Gottheit Rato Machhindranath

 

Das Rato Machhindranath Festival feiern sowohl Hinduisten als auch Buddhisten. Die Hinduisten sehen in Machhindranath eine Reinkarnation von Lord Shiva und die Buddhisten eine Reinkarnation von Avalokiteshvara,  dem erleuchteten Wesen des Mitgefühls. Wie bei so vielen anderen wichtigen Anlässen oder Feiern hängt die Dauer des Festivals vom astrologischen Kalender ab. Dabei erfolgen die Berechnungen nach dem newarischen Kalender. Mit dem Aufbau des Festwagens wird bereits einen Monat vor dem Fest begonnen. Die Höhe des Pfahls, der Durchmesser der Räder und die Länge der Deichsel richten sich nach der astrologisch bestimmten Glückszahl 32. Diese Zahl ist beim Bau des Festwagens in verschiedenen Maßeinheiten zu berücksichtigen. Newarische Männer, insbesondere Farmer, die der Gemeinschaft der Jyapu angehören, ziehen den Karren mit Hilfe der nepalesischen Armee durch die verschiedenen Stadtteile in Patan. Nur an einem Tag wird der Festwagen von Frauen gezogen. Gestartet wird in Phulchok und nach mehreren Tagen endet das Fest mit dem Hauptfeiertag „Botho Jatra“ in Jawalakhel.  Während einer Zeremonie wird durch einen Regierungsbeamten die glitzernde Brokat-Weste (Bhoto) der Gottheit hochgehalten. Danach wird der Festwagen auseinandergebaut und Rato Machhendranath wird in seinen zweiten Tempel in Bungamati gebracht. Bungamati ist ein newarisches Dorf, ca. 5 km von Patan entfernt. 6 Monate verbleibt die Gottheit im Tempel in Bungmati und 6 Monate in seinem im 16. Jahrhundert erbauten Tempel in Patan. Alle 12 Jahre endet das Festival direkt im Dorf Bungamati.

 

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Was für eine künstlerische Konstruktion

 

NAMASTE!