Was hat es mit dem Kopf hin und her Wiegen in Nepal auf sich?

30. Juli 2016 at 13:40

Ja – Nein – Vielleicht?

Wer in Deutschland einmal kurz oder auch mehrfach hintereinander mit dem Kopf nickt, gibt dadurch ein klares und direktes JA zum Ausdruck. Wer kräftig den Kopf schüttelt und ihn dabei seitlich nach links und rechts bewegt signalisiert ein NEIN.

Nonverbale Kommunikationen durch Gesten sind je nach Kultur ganz unterschiedlich. Deshalb sorgt das hin und her Wiegen des Kopfes in Nepal beim ausländischen Gegenüber oftmals für Verwirrung.

Nach europäischem Verständnis wird mit dieser Bewegung des Kopfes eine Ablehnung ausgedrückt. In Nepal zeigt das in einem langsamen Tempo seitliche hin und her Wiegen des Kopfes eine Zustimmung an. Dabei handelt es sich eher um ein weiches JA, das auch in ein Vielleicht übergehen kann. Ein NEIN wird in Nepal ebenfalls durch ein kräftiges seitliches Kopfschütteln symbolisiert. Dies kommt jedoch äußerst selten vor, da Ablehnung in der Öffentlichkeit nicht immer direkt gezeigt wird.

Kulturbedingte Verhaltensweisen können Rätsel aufgeben. Wichtig ist dabei offen zu bleiben, zu beobachten und gegebenenfalls nachzufragen.

NAMASTE!!!

 

SAM_4146

Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief Nr. 18

28. Juni 2016 at 21:25

28. Juni 2016 – Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 18

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier … das Dorf Brabal wächst im Wiederaufbau

Die Dorfbewohner von Brabal haben zusammen mit den Arbeitern aus Okhaldhunga innerhalb eines Monats eine großartige Leistung vollbracht!

Mittlerweile sind insgesamt vier Häuser fertiggestellt und die Grundsteinlegung für das fünfte Haus erfolgte vor 3 Tagen.

IMG-20160625-WA0027

Wer hart arbeitet, braucht auch mal eine Pause

 

Wir sind überwältigt und freuen uns, dass wir mit Ihrer finanziellen Unterstützung solche Fortschritte bei unserem Wiederaufbau-Projekt verzeichnen können.

Der Monsun hat dieses Jahr bereits Mitte Mai eingesetzt. Viele Straßen sind durch Erdrutsche blockiert. Auch die unbefestigte Trasse von Thulo Bharku nach Brabal ist seit gut zwei Wochen nur noch von Fahrzeugen mit Vierradantrieb unter allergrößten Mühen befahrbar. Wir sind froh, dass wir bereits vor dem heftigen Regen die Materialien wie Sand, Zement und Stahl ins Dorf transportierten. Nach Fertigstellung des fünften Hauses sind noch genug Materialien für den Bau eines weiteren vorhanden.

Danach machen wir eine kleine Bau-Pause, die bis zum Ende der Regenzeit im September dauern soll. Während dieser Phase werden die Arbeiter in ihren Distrikt zurückkehren. Da die meisten Arbeiter ihre Häuser durch das Erdbeben verloren haben, können sie die Zeit nutzen um die notwendigen Dokumente für die Beantragung der staatlichen Entschädigungssumme vorzubereiten.

Interessanterweise publizierte die Kathmandu Post gestern einen Artikel über den Auszahlungsprozess an die Erdbebenopfer. Es wird berichtet, dass die erste Rate von NPR 50.000 (ca. EUR 435) bereits an 5.800 betroffene Haushalte ausbezahlt wurde. Waren es vor zwei Monaten nur 641 Haushalte, die die Gelder entgegen nehmen konnten, ist das ein echter Fortschritt.

Ferner wird in diesem Artikel berichtet, dass die Opposition seit geraumer Zeit die Auszahlung der Gelder in einer Summe über NPR 200.000 an die Betroffenen fordert. Dazu sieht sich die National Reconstruction Authority (NRA) aufgrund besehender Richtlinien außerstande. Nach Angaben der NRA wurde die Bestimmung, die Entschädigung in Raten auszuzahlen, mit der Weltbank abgestimmt und bereits im August 2015 unterzeichnet. Die Weltbank äußerte zum damaligen Zeitpunkt Bedenken, dass die Verwendung der Gelder missbräuchlich erfolgen könnte, wenn sie in einer Summe zur Verfügung gestellt werden.

Um solche Bedenken nicht aufkommen zu lassen übergeben wir generell kein Bargeld an die Dorfbevölkerung. Vielmehr achten wir bei der Umsetzung unseres Projekts darauf, dass lediglich Materialien, Transport und Arbeitskraft für den Bau der Häuser zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich möchten wir mit der Regelung über die zu erbringenden Eigenleistungen vermeiden, dass seitens der Dorfbevölkerung eine “Handaufhalte-Mentalität“ entsteht. Die Bewohner können durch die Erbringung von Eigenleistungen Wertschätzung entwickeln und Verantwortung übernehmen. Letztlich gibt uns die positive Entwicklung unseres Projekts die Bestätigung, dass wir dabei den richtigen Weg eingeschlagen haben.

Erfreuen Sie sich zusammen mit uns, den Dorfbewohnern und den Arbeitern an den nachfolgenden Fotoimpressionen der neuen Häuser:

Haus Nr. 1 von Diki und Renzin Tamang:

Diki & Renzin house

Sabine und Temba vor dem neuen Haus von Diki & Renzin 

 

Haus Nr. 2 der Familie Damgyalmo & Lakta Tamang:

Lakta house

Wunderschöner von Lakta geschnitzten Türrahmen

 

Haus Nr. 3 von Frau Yangri Tamang:

Yangri house 2

Das fertige Haus von Yangri

 

Yangri house

Wie schön, ein alter Fensterrahmen wurde wieder verwendet

 

Haus Nr. 4 der Familie Chho Pema & Sonam Tamang:

Sonam house ready

Der Neubau von Chho Pema & Sonam

 

Fundamenterstellung Haus Nr. 5 der Familie Nima Pema & Babu Singhi Tamang:

Babu Singhi Grundsteinlegung_Fundament

Grundsteinlegung

 

Babu Singhi and wife

Babu Singhi & Nima Pema

 

Vorbereitungen für das Haus Nr. 6 der Familie Senchhomo & Dandul Tamang:

dendol house ground preparation

Gemeinsam geht das Trümmer abtragen am einfachsten

NAMASTE

Sabine & Temba

Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 17

31. Mai 2016 at 23:16

31. Mai 2016 – Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 17

Fortschritte sind ersichtlich!

Der Fortschritt ist wie ein Strom, der sich auf seine eigene Weise den Weg bahnt.
– Leopold von Ranke, Berliner Historiker –

 

SAM_4522

 

Wenn Nepal in den europäischen Medien erwähnt wird, dann meistens nur noch am Rande und im negativen Sinne über die Verzögerungen des Wiederaufbaus. Sicherlich hat dies seine Berechtigung, aber es gab in den letzten Wochen auch positive Meldungen, die wir hier gerne erwähnen möchten. Die folgenden Informationen haben wir der Kathmandu Post entnommen:

13.05.2016: Die Nepal Reconstruction Authority (NRA) hat das Post Disaster Recovery Framework (Dokument mit den Rahmenbedingungen und den Plänen zum Wiederaufbau) planmäßig zum Jahrestag des zweiten Erdbebens (12.05.2016) fertiggestellt.  Die Bekanntmachung der 5 Jahres-Planung erfolgte durch Premierminister Oli. Das Dokument statuiert, dass 838 Billionen Nepali Rupie für den Wiederaufbau notwendig sind.

13.05.2016: Unterzeichnung eines 1 Million Euro- Programms zwischen der EU und der TI Nepal (Transparency International Nepal) zur Förderung der Integrität, Transparenz, Rechenschaftspflicht und des sozialen Zusammenhalts im Rahmen der Wiederaufbaumaßnahmen.  Das Projekt ist für einen Zeitraum von 5 Jahre ausgelegt und Teil eines 105 Millionen Euro Pakets, das die EU für die Wiederaufbaumaßnahmen gewähren wird.

28.05.2016: Vereinbarung zwischen der NRA und drei Banken-Vereinigungen im Hinblick auf Kontoeröffnungen und Auszahlungen der Entschädigungssummen für betroffene Privathaushalte.  Auszahlungen sollen bis zu einer definierten Summe kostenfrei erfolgen.

 

 

SAM_4511
Arbeiter & Hausbesitzer in Brabal

 

Auch wir können Fortschritte von unserem Wiederaufbau-Projekt berichten. Es war mir ein Herzensanliegen vor meinem Deutschlandaufenthalt unser Wiederaufbau-Projekt in Brabal zu besichtigen. So reisten wir vom 18. bis 20. Mai 2016 ganz geschwind, wie der Wind, nach Brabal und zurück nach Kathmandu.

 

 

SAM_4574
Wunderschön geschnitzte Details am Türrahmen

 

Unterwegs haben wir in den Dörfern einige neue Häuser im Bau gesehen. Es tut sich etwas. Besonders erfreulich ist, dass die meisten mit seismischen Bändern und Eckverstärkungen in einer erdbebensichereren Bauweise erstellt werden.

Ab dem Ort Trisuli  konnten wir an der Straße, die über Shafru Bensi bis zur Grenze nach Tibet (Rasuwagadhi – Kerung) führt, viele Bauarbeiten beobachten. Neue Hangabsicherungen aus Gabionen mit Steinfüllungen wurden angebracht. Dies ist gewiss notwendig, da seit kurzem die Importlieferungen aus China über die Grenze Rasuwagadhi- Kerung erfolgen. Hunderte von bunt bemalten Lastwagen warten in dem Dörfchen Timure (Nepal)  auf die Zollabfertigungen und werden danach die Straße über Trisuli nach Kathmandu befahren. Zeitungsberichten zu Folge soll die Straße innerhalb der nächsten zwei Jahre ausgebaut und erneuert werden.

 

DSC_5956
Warten auf die Zollformalitäten

 

Die Fahrt von Sano Barkhu bis Brabal war, beziehungsweise ist ein wahres Abenteuer. Um die serpentinenreiche Strecke zu bewältigen mussten wir wegen der engen Wegführung mehrfach Anlauf nehmen um “die Kurven zu kriegen“. Bei trockenem Wetter ist es ratsam die Fenster zu schließen. Der feine Sand wirbelt auf und hinterlässt eine riesige Staubwolke. Bei Regenwetter ist es besser, die Straße, die sich in einen Schlamm-See verwandelt, zu meiden. Zu groß ist das Risiko, dass das Fahrzeug stecken bleibt.

Nach wie vor tut es mir in der Seele weh, zu sehen, wie sich der wunderschöne idyllische Wanderweg in einen befahrbaren Pfad verwandelt. Jetzt führt die Strecke  schon bis zum nächsten Ort Thulo Shafru. Dennoch bringt die Straße Fortschritt in die Dörfer. Ohne die neue Straße wäre es uns in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, den Zement, Sand und Stahl nach Brabal zu transportieren.

 

SAM_4583
Ein befahrbarer Weg entsteht

 

Was mich nach unserer Ankunft in Brabal erwartete, hat alle meine Erwartungen und Vorstellungen übertroffen:

 

SAM_4520
Das erste Muster-Haus in Brabal

 

Ein Haus war bereits komplett erstellt. Ein weiteres Haus befand sich im Bauprozess und wartete auf die Dachkonstruktion. Mittlerweile ist dieses Haus ebenfalls fast fertig und ein Drittes ist im Bau. Temba und ich freuen uns riesig über die professionelle Bauweise, die hervorragende Leistung der Nepalesen sowie über die Solidarität und Zusammenarbeit der Dorfbewohner. Jeder hilft jedem – es wird zusammen Holz gesägt, Fensterrahmen und Türen gebaut, Steine ausgegraben. Die Regelung, dass jeder Betroffene Holz, Fenster-Glas und Steine selbst beschaffen muss und für die anschließende Innenausstattung (Boden, Raum-Dämmung, Einrichtung, etc.) eigenverantwortlich ist, wird bereitwillig umgesetzt.

 

SAM_4554
Das zweite Muster-Haus im Bau

 

SAM_4555
Dorfbewohner helfen sich gegenseitig

 

SAM_4533
Holzarbeiten – Fenster- und Türrahmen entstehen

 

Wir haben derzeit noch Materialien (Zement, Sand und Stahl) für fünf weitere Häuser in Brabal. Je nachdem wie sich die Regenzeit entwickelt, setzen wir die Bauarbeiten fort. Darüber hinaus kümmert sich Temba verstärkt um den Genehmigungsprozess in Dhunche.

Nach Fertigstellung von zwei Häusern können wir nun die konkreten Kosten für ein Haus beziffern. Die Kosten setzen sich aus Transportkosten (von Trisuli nach Brabal), Materialkosten (Sand, Zement, Stahl und Wellblech) sowie Arbeitskosten (Arbeitskräfte aus dem Okhaldunga Gebiet) zusammen und betragen für ein Haus EUR 7.250,00.

 

SAM_4577
Weiteres Baugrundstück in Vorbereitung

 

In diesem Betrag sind die Kosten für Fenster-Glas, Holz und Steine sowie die Materialien für die Innenausstattung (Raum-Dämmung, Boden, etc.) nicht enthalten. Diese Leistungen müssen als eigenständiger Beitrag durch die Dorfbewohner erbracht werden. Nur dadurch ist gewährleistet, dass Eigenverantwortung übernommen wird und eine Wertschätzung entstehen kann.

Viele weitere Fotos zum Projekt und Baufortschritt stellen wir in Kürze auf unsere Facebook-Seite: https://www.facebook.com/helpforlangtang/

NAMASTE!

Sabine & Temba

Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 16

25. April 2016 at 10:22

25. April 2016 – Namaskar Nepal – Informationen / Rundbrief No. 16

Ein Jahr danach… und es hat sich gleichzeitig viel und wenig getan.

Welche Gegensätzlichkeit –  aber das spiegelt sich überall in Nepal:

  • Der höchste Punkt der Welt – Mount Everest mit 8.850 m im Khumbu und der niedrigste mit 60 m im südlichen Terai.
  • Heilige Plätze, gereinigt durch den Duft von Räucherstäbchen und stinkender Abfall gleich daneben.
  • Gelebte Traditionen in entlegenen Gebieten und selbst der Opa hat dort ein Smartphone am Ohr. 

     

     

SAM_4181

Smartphone-Nutzung in abgelegenen Dörfern

 

Hilfsorganisationen aus dem In- und Ausland haben im Rückblick sehr viel bewegt. Die nepalesische Armee und der Katastrophenschutz konnten Lebende unter den Trümmern bergen. Trinkwasseranlagen standen der Bevölkerung in Kathmandu und in den betroffenen Gebieten zur Verfügung. Lebensmittel, Plastikplanen und Wellblech wurden an die notleidende Bevölkerung verteilt. An vielen Schulen erfolgte die Einführung von Schulspeisungen; die Verteilung von neuer Schulkleidung und Schulrucksäcken symbolisierte Neuanfang. Familien sind in errichtete Notunterkünfte eingezogen. Der Wiederaufbau der Häuser hat begonnen und setzt sich fort.

Wenig Unterstützung kam und kommt seitens der nepalesischen Regierung.
Verzögerungen bei der Gründung der „Nepal Reconstruction Authority (NRA)“.
Verzögerungen bei der Veröffentlichung des neuen Building Codes.
Verzögerungen bei dem Abruf der international zur Verfügung gestellten Hilfefonds.
Verzögerungen bei der Verteilung von staatlicher Unterstützung an die betroffenen Familien. Tausende leben immer noch in Notunterkünften. Bei allem, was Handlung und Umsetzung seitens der Regierung erfordert, ist die Bevölkerung in ständiger Warteposition. Gezwungen zum Ausharren und anschließendem Akzeptieren. Jede Aktivität wird schon im Keim verstickt. Nur wenige folgen ihrem eigenen Tatendrang.

 

DSC_5534

Zerstörte Häuser provisorisch mit Wellblech repariert

 

Medienberichten zufolge haben 31.000 Familien begonnen ihre Häuser in den betroffenen Gebieten selbst wieder aufzubauen. Das hat die NRA Behörde nun dazu bewogen ihre strikte Regelung etwas aufzuweichen. Zuvor sollte keine Auszahlung der Entschädigung erfolgen, sofern Familien bereits mit dem Wiederaufbau begonnen haben. Jetzt sollen die Ausgleichssummen auch an die Haushalte fließen, die mit dem Hausbau begonnen haben und eine erdbebensichere Bauweise vorweisen können. Insgesamt sind mehr als 770.000 Häuser durch das Erdbeben zerstört.  Bisher haben nur 641 Haushalte in Singati (Dolakha Distrikt) die erste Rate von NPR 50.000 (ca. EUR 435), der von der Regierung angekündigten Entschädigungssumme über insgesamt NPR 200.000 (ca. EUR 1.740) erhalten (Quelle: Kathmandu Post, 18.04.2016).

Der Chef der NRA Behörde Sushil Gyewali teilte in einem Zeitungsinterview mit, dass die Behörde zuversichtlich ist und der gesamte Wiederaufbau innerhalb 5 Jahren abgeschlossen ist. Dazu soll zum Jahrestag des Erdbebens ein Dokument mit den Rahmenbedingungen und den Plänen zum Wiederaufbau in den nächsten Jahren veröffentlicht werden.

 

DSC_4975

Kathmandu Durbar Square – Kumari-Haus mit Stützbalken

 

Gleichzeitig mit Frühlingsbeginn hat unser Wiederaufbauprojekt an Fahrt aufgenommen. Alles ist im Fluss. Erneuerung und Wachstum symbolisieren das Frühjahr und das scheint sich auf unser Vorhaben übertragen zu haben.

 

DSC_5092

Steinklopf-Arbeiter aus Okhaldhunga (Distrikt in Ost-Nepal)

 

Seit dem 27.03.2016 ist die nepalesische Gruppe aus dem Okhaldhunga Distrikt fleißig bei der Arbeit in Brabal. Steine werden ausgegraben und in Form geklopft, Schubkarren voller Erde hin- und hergeschoben.  Die Dorfbewohner sind mit Holzarbeiten beschäftigt und es entstehen Tür- und Fensterrahmen. Der 01.04.2016 ist ein historischer Tag; die Strasse führt nun von Thulo Barkhu durchgehend bis Brabal. Jetzt setzt der Dominoeffekt ein. Ein Dominostein stößt den anderen an und es läuft vieles wie von selbst.

 

20160408_161719

Die Straße führt bis zum Ortseingang Brabal

 

Keuchend schnauft der vollgeladene 4 Tonner die erdige Piste hinauf. Die erste Ladung Sand und Zement erreicht Brabal am 04.04.2016.  Als ich die Fotos von der Wegführung und den umgestürzten Bäumen sehe, zerreißt es mir das Herz. Wie oft sind wir die wunderschöne Strecke Thulo Bharku – Brabal durch die idyllische Wald- und Berglandschaft gelaufen. Straßenbau in den abgelegenen Gebieten Nepals. Fluch oder Segen? Auf jeden Fall eröffnet die Straße neue Möglichkeiten und erleichtert den Transport. Zur Grundsteinlegung am 04.04.2016 wird ein buddhistischer Priester, der die heiligen Texte liest und eine Räucher-Zeremonie durchführt, bestellt. Sechs Tage später, am 10.04.2016 ist das Fundament des neuen Hauses komplett gelegt.

 

DSC_5357

Fundament des ersten Muster-Hauses in Brabal

Nun geht es an den schwierigsten und für die Dorfbewohner recht unbekannten Teil des Bauwerkes: die Erstellung des ersten seismischen Betonbands. Gemessen, gebogen, gewogen, gemischt – alles ganz exakt nach den Vorgaben des Baudossiers und Building Codes. Am 12.04.2016 ist das Betonband pünktlich zum nepalesischen Jahreswechsel fertiggestellt.

 

DSC_5401

Die Eisenhaken müssen exakt platziert werden

 

DSC_5433

Holzschalung für das erste seismische Betonband

Das Setzen der Türen, insbesondere der Eingangstür erfordert eine korrekte Ausrichtung nach der entsprechenden Himmelsrichtung. Die Platzierung der Haustür Richtung Norden ist nicht möglich. Es besteht in Nepal der Glaube, dass den Hausbewohnern dann großes Unglück widerfährt. Sämtliche Türen haben zum 15.04.2016 ihren Platz gefunden. Die Arbeiten zum zweiten seismischen Band gingen den Arbeitern schon leichter von der Hand. So konnten am 21.04.2016 sogar schon die Fensterrahmen eingebaut werden. Das dritte seismische Band ist derzeit in Entstehung.

 

DSC_5627

Die Türen sind gesetzt

 

DSC_5632

Baufortschritt in Brabal – Fenstereinbau

 

Wir gehen davon aus, dass das erste Musterhaus Mitte Mai fertig gestellt und vor dem Monsun beziehbar ist. Wenn alles planmäßig verläuft wird in Kürze der Bau des zweiten Musterhaus in Angriff genommen.

Gerne möchten wir an dieser Stelle auf unsere Portrait-Serie, die wir auf unserer Facebookseite veröffentlichen, aufmerksam machen. Wir stellen regelmäßig die Bewohner/innen des Dorfes Brabal mit einer kleinen Beschreibung vor.  Außerdem können aktuelle Fotos vom Baufortschritt unter  www.facebook.com/helpforlangtang eingesehen werden.

 

Kamsya

Kamsya Tamang – Hausfrau & Farmerin aus Brabal

 

Die Projektbeschreibungen zur Sunaulo Erdbebenhilfe, Trinkwasserversorgung und Müllentsorgung (Gemeinschaftsprojekt mit den Engineers Without Borders e.V., Karlsruhe) sind nun eingestellt und können auf unserer Webseite www.sunaulosansar.org  abgerufen werden.

NAMASTE!!

Steinklopfarbeiter aus Okhaldhunga

13. März 2016 at 8:06

Wir haben es geschafft! Nach 2 Tagen erreichen wir das Dorf aus dem unsere Sherpas (Träger) Dorje, Pemba Gelu und Lakpa kommen. Das Dorf heißt Karsuboth und liegt im Bezirk Patle, Distrikt Okhaldhunga, Verwaltungszone Sagarmatha.

Aus dem Gebiet Okhaldhunga, das östlich von Kathmandu liegt, kommen die Experten für den Hausbau aus Natursteinen. Viele Männer sind dort auf Steinklopfarbeiten spezialisiert. Akkurat und exakt werden die Steine von Hand in rechteckige Formen gebracht. Es sieht fast so aus als ob die Steine mit einer Maschine bearbeitet sind. Wir möchten eine Arbeitsgruppe für die Steinklopfarbeiten in Brabal anheuern. Gleichzeitig sollen dadurch die Bewohner von Brabal auf diese  Arbeiten trainiert werden.

 

DSC_4636

Steinklopf-Arbeiten

 

DSC_4634

Steine werden herangetragen

 

Zunächst fahren wir, unser Climbing – und Trekkingguide Mingmar Sherpa, Temba und ich, auf der mit japanischer Unterstützung gebauten Straße (Banepa Sindhuli Bardibass Road) über Dhulikhel Richtung Janakpur. Nach 5 Stunden Fahrt erreichen wir die Abzweigung in die Gebiete Okhaldhunga und Solukhumbu. Unzählige Jeeps nehmen den gleichen Weg.

Mittagsrast machen wir in dem Dorf Ghurmye. Es scheint als ob das ganze Dorf aus einfach zusammengebauten Notunterkünften besteht. Wir sind etwas erschrocken, aber der Fahrer, der die Strecke Kathmandu – Okhaldhunga/Solukhumbu täglich fährt, versichert uns, dass dies die permanenten Häuser der Bewohner sind. Auch wenn das Dorf einfach und unaufgeräumt ist, das Dal Bhaat (Linsen mit Reis und Gemüse) schmeckt fantastisch. Gestärkt fahren wir weitere 3 Stunden und lassen 2.300 Höhenmeter hinter uns. Im Dorf Thade auf 2.500 m warten bereits Pemba Gelu und Lakpa auf uns. Es ist 14 Uhr und der Nebel ist so dicht, dass wir fast nichts sehen.

 

DSC_4384

Dorf Ghurmye

 

Nach einem leckeren Doudh Chiya ( Milchtee) geht es zu Fuß weiter.  Wir wandern 2 Stunden durch wunderschöne Rhododendron-Landschaften bis zum Dorf Phalate. Die Rhododendron Blüte beginnt dieses Jahr viel zu früh und wir bestaunen die Bäume in komplett roter und weißer Pracht. In Phalate schlagen wir unser Nachtlager auf. Wir haben das Zelt mitgebracht, entscheiden uns aber in einem der einfachen Zimmer auf dem Boden zu schlafen. Die Küche ist klein und durch den Holzofen, der gleichzeitig als Kochstelle dient, total verqualmt. Wir befinden uns abseits der üblichen Trekkingrouten ohne Infrastruktur und Verpflegung für Touristen.

 

DSC_4644

Blühender Rhododendron

 

Am nächsten Tag geht es weiter bergauf und bergab. Wir überqueren Flüsse und springen über die Steine. Und wir stellen wieder fest, dass das Zeitgefühl der Nepalesen überhaupt nicht mit dem europäischen übereinstimmt. Aus zunächst angekündigten 3 – 4 Stunden Wanderung werden
8 Stunden. Aber vielleicht ist es auch die europäische Gehgeschwindigkeit, die diese Verzögerung herbeiführt.

Als wir unser Ziel erreichen werden wir von der Mutter unserer Sherpas herzlich empfangen. Wir überreichen die mitgebrachten Gastgeschenke wie Reis, Zucker, Öl und Kekse. Unser Zelt schlagen wir im Kartoffelfeld direkt hinter dem Haus auf. Auf dem Dach des Hauses sind noch die khakifarbenen Plastikplanen, die wir als Soforthilfe nach dem Erdbeben verteilt haben, gespannt. Die ganzen Dachlatten aus Holz wurden  damals durcheinander gerüttelt. Die dadurch entstandenen Luken werden nun durch die Planen, die als Regenschutz dienen, verdeckt. Risse durchziehen das verschobene Mauerwerk.

 

DSC_4656

Haus unserer Sherpas in Okhaldhunga 

 

Im Okhaldhunga Gebiet sind viele Häuser durch das Erdbeben beschädigt und zerstört worden. Die Häuser werden traditionell aus Natursteinen gebaut und mit Lehmmörtel fixiert. Die Dächer sind üblicherweise mit Holzlatten gedeckt.  Wir sind erstaunt, dass einige der Häuser bereits wieder aufgebaut sind. Teilweise wurde die alte Bauweise ohne Verstärkung durch seismische Bänder angewandt; teilweise die neue erdbebensicherere Bauweise, wie im aktuellen Building Code der Regierung beschrieben.  In diesen weit abgelegenen Gebieten sind die Menschen auf sich allein gestellt. Sie wollen nicht mehr warten bis sich seitens der Regierung etwas tut. Dafür nehmen die Bewohner in Kauf, dass sie möglicherweise die zugesagte Entschädigungssumme von NPR 200.000 (ca. EUR 1.900) pro betroffenem Haushalt nicht erhalten. Fraglich ist sowieso, ob jemals Regierungsbeamte in dieses abgelegene Gebiet kommen um die Bauweise zu kontrollieren.

 

DSC_4423

Alte Bauweise ohne seismische Bänder

 

DSC_4631

Erdbebensicherere Bauweise mit seismischen Bändern

 

Wir versuchen Pemba Gelu und seine  Familie hinsichtlich der erdbebensichereren Bauweise  zu sensibilisieren und erklären  die Funktion der  seismischen Bänder und Eckverstärkungen. Am nächsten Tag besuchen wir den Marktplatz des Dorfes. Unweit entdecken wir eine Baustelle. Die Handwerker sind fleißig am Arbeiten. Zu unserer Freude sehen wir, dass bei diesem Hausbau bereits einige seismische Bänder aus Holz eingezogen sind. Emsig werden Steine in Form geklopft.  Im Gespräch mit den Arbeitern stellt sich heraus, dass diese Arbeitsgruppe nach Fertigstellung des Hauses freie Zeitpuffer hat. Wir können die Arbeiter für unser Wiederaufbau-Projekt in Brabal gewinnen. Schon in 2 Wochen fangen sie dort an. Nachdem bereits viele Arbeiter aus Okhaldhunga für den Wiederaufbau von Häusern in den Dörfern Langtang und Kyangjin Gompa im Langtang Gebiet engagiert wurden, freuen wir uns über diese positive Nachricht und den Erfolg unserer Reise.

NAMASTE!!

 

DSC_4569